Geschichtliche Hintergründe:
Im direkten Zusammenhang mit dem Gottesdienst am Gründonnerstag ist die Entstehung eines Kreuzweges am Feldweg zur Josefskapelle zu sehen, der am 16. Juli 1882 eingeweiht wurde. Dem stilistischen
Zeitgeschmack entsprechend, wurden die Stationsbilder im neugotischen Stil gestaltet. Die Zeichnungen wurden von Werkmeister Fischer einen aus Neuhausen gebürtigen Bürger, unentgeltlich geliefert.
Auf Blechtafel waren die Szenen des Leidenweges Jesu gemalt und in den massigen Sandstein eingelassen. Über deren künstlerische Gestaltung haben wir leider keine Bilddokumente oder andere
Aufzeichnungen. Relikte der einstigen Formgebung sind heute noch auf der Rückseite der jetzigen Figuren zu sehen. Bedingt durch eine Flurbereinigung im Gewann Hochau im Jahre 1906 mussten die
Stationen am Weg entfernt werden und wurden mit Bischöflicher Genehmigung auf dem freien Platz um die Kapelle aufgestellt. Der hiesige Maler Karl Mayer hat aus diesem Anlass die Stationsbilder
"frisch gemalt", wie in der Pfarrchronik vermerkt. Ob darunter eine völlige Neugestaltung oder lediglich eine restauratorische Überarbeitung zu verstehen ist, lässt sich schwerlich
interpretieren.
1953 waren die Kreuzwegstationen in einem miserablen Zustand, die Witterung ließ den Farbauftrag verbleichen, die Tafeln waren teils verrostet, teils standen die Steingehäuse leer. Man entschloss sich,
aus den vorhandenen Steinblöcken neue Stadionsbilder schaffen zu lassen. Mit Wilhelm Freiherr von Rechenberg aus Obernau bei Rottenburg fand man einen Bildhauer, dem es gut gelungen ist, aus den blockartigen Sandsteinkörpern Reliefs in den Stein zu meißeln, die bis auf eine Ausnahme immer nur eine Gestalt darstellt. Ebenso gab man die bisherige axiale Anordnung der Stationen auf und stellte die Figuren so, dass der Raum vor der Kirche sich weitete. Nach den Vorstellungen des Bildhauers sollte die Platzierung der Stationsbilder so aufeinander abgestimmt sein, dass der Weg des Leidens Christi wie in einem Zuge zu überschauen sei.
1. Station
"Nicht Schönheit hat er noch Gestalt;
sieht man ihn an, so hat er nichts Anziehendes,dass man sein begehrte. unter den Menschen; ein Mann der Schmerzen,
der weiß, was Siechtum ist. Wie verhüllt ist sein Antlitz und verachtet,
so daß man Ihn nicht ansehen mag (Is. 53) Christus ist ungerecht verurteilt. Er sieht uns an und wir erkennen nichts, was uns sonst so liebenswert an ihm erscheint.”
Hände, die gesegnet haben, sind gebunden. Er trät eine Krone von Dornen und zur Schmach ein Zepter aus den Stengeln des Hysop.
Einen Soldatenmantel hat man ihm umgeworfen. Aber er ist doch ein König, trotz der Dornenkrone. Er ist doch Hirt und das Spottzepter wird zum Hirtenstab und der Purpurmantel Schutz und Zuflucht für die Seele.
2. Station
“Ja, Vater.“
Zwei Balken sind hergerichtet, die auf dem Golgatha-Berg zum Kreuz zusammengefügt werden sollen. Christus beginnt seinen Leidensweg zu gehen. Er umfängt liebend und ganz bereit das Kreuz. An das Kreuz heftet er den Schuldbrief, den die Menschheit durch den Sündenfall dem gerechten Gott gegenüber hat und tilgt diese Schuld durch sein Blut. Er will mit dem Kreuz und durch das Kreuz die ganze Welt erlösen und in Liebe sich für die ganze Schöpfung opfern.
3. Station.
“Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
ist zum Eckstein geworden."
Christus wird von den Menschen verworfen. Alle menschliche Schwäche, alle Niedertracht und Bosheit lastet auf dem Herrn und drückt ihn zu Boden. Das Kreuz ist Ihm aus
den Armen geglitten.
noch wollen die Hände es fassen, aber er sinkt erschöpft zusammen.
4. Station
“Deine Seele wird ein Schwert durchdringen."
Die Mutter des Herrn sieht ihren Sohn. Erschrocken ist sie, voll von Schmerz, aber ganz bereit, den Kreuzweg mitzugehen.
Wir betrachten mit ihr den leidenden Herrn. Sie mahnt und bittet uns, doch ihrem Sohn nicht noch mehr weh zu tun und die zehn ausge-streckten Finger deuten auf die 10 Gebote
Gottes, die wir für unserm Lebensweg beachten sollen.
5. Station.
"Nimm dein Kreuz auf Dich und folge mir nach"
"Wer mir dienen will, der folge mir nach und wo ich bin, da soll auch mein Diener sein."
Simon will zuerst nicht das Kreuz tragen; die Arbeit des Tages hat ihn müde gemacht. Wie die Balken quer zueinander liegen, hat auch Gottes Wille seinen Weg durchkreuzt. Aber,
je länger er trägt, um so einsichtsvoller und gelassener wird er. Er folgt dem Herrn nach und trägt die schwere Last.
6 .Station.
“Zeige uns Dein Angesicht und wir werden gerettet werden."
Neben der Mutter des Herrn steht die Jungfrau am Weg. Ihre ganze
Liebe und Bereitschaft gilt dem leidenden Herrn. Er drückt sein Antlitze in das dargebotene Schweißtuch. Sie trägt sein Bild nicht nur im Tuch, das Bild ist ganz lebendig in ihrem Herzen. Darum darf sie auch das Bild Christi, der ihr ganzes Leben erfüllt den Menschen zeigen.
7. Station
“Dieser ist gesetzt zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel."
Die Empörung gegen Gott drückt den Herrn so tief in dem Staub. Auch diese Last will Er tragen und im Zusammenbrechen und Wiederaufstehen will der Herr uns allen helfen, die wir uns aus eigener Kraft nicht aufrichten können.
8. Station
"Weinet über euch und eure Kinder."
Dort begegnet dem Herrn die Jungfrau, hier die Mutter. Sie weint über
die Prophezeiung, die sich an ihren Kindern erfüllen wird. Sie möchte dem Herrn helfen, aber ihre Hände fallen ohnmächtig und in namenlosem Schmerz herab, bittend um Schutz, Gnade und Segen für alle Kinder dieser Erde.
9. Station.
"Sie trachten mich zu Fall zu bringen; die Stolzen legen heimlich mir die Schlingen an. Sie legen Stricke meinem Fuß zur Schlinge; Längs meines Weges stellen sie mir Fallen. Herr, sei meine
starke Hilfe, sei Schatten meinem Haupt am Tag der Schlacht"
Der Herr schützt uns sogar im Fallen und fängt uns wieder auf, wenn wir am tiefsten darniederliegen. Von der Höhe des Stolzes wird der Mensch hinab geschleudert in die Tiefe. Christus folgt dem Menschen bis ins aller tiefste Elend der Gottferne und holt ihn heim.
10. Station
„Nur Schmähung und Leid hat mein Herz zu erwarten. Da schau ich aus, ob einer Mitleid mit mir habe - niemand kommt. Einen Tröster such ich - keinen find ich. Zur Speise geben sie mir Galle und tränken mich in meinem Durst mit Essig." „ Ps. ,8.
Christus reicht das Gewand der Gerechtigkeit dem Vater und den Menschen dar. Nun hat er alle Dinge dieser Welt hergegeben und ist bereit, sein Leben zu opfern.
11. Station.
"Siehe, ich komme, Beinen Willen zu erfüllen." “Kelter trat ich ganz allein“. Kein Mann aus den Völkern stand mir zur Seite" (Js. 62 od._63)
Jesus, in beiden Armen einen Kreuzesbalken haltend ist bereit, sich kreuzigen zu lassen.
(Die Balken sind gleich zwei Säulen einer Pforte, durch die der Hohepriester Christus ins Allerheiligste eingeht, um das vollkommenste Opfer dem Vater darzubringen.)
12. Station
Er hat sich selbst erniedrigt und ist gehorsam-geworden bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist (Phil. 2)
Jesus bringt sich dem Vater dar. Der Herr hängt zwischen Himmel und Erde. Sein Kreuz ragt in den Himmel hinein und sein geopferter Leib stellt die Verbindung - die Brücke – wieder her von
Gott zu Menschen. Der Hohepriester opfert sich selber als Sühneopfer für die Menschheit.
13. Station.
„O ihr alle, die ihr des Weges kommt, merkt auf und schaut, ob je ein Schmerz wohl meinem Schmerze gleicht.“ (Klage. 1,1)
"Jungfrau, Gottesgebärerin!
Er, den die ganze Welt nicht fasst, Er duldet diesen Tod am Kreuz: der Mensch gewordene Lebensspender (Graduale 7 Schmerzen)
Glückselig die Schmerzen der heiligen Jungfrau Maria, die unter dem Kreuze des Herrn ohne Tod die Martyrerpalme verdiente".(Commuio, 7 Schmerzen) Maria empfängt den gekreuzigten Herrn und zeigt ihn der Menschheit. Der Mantel, der den gepeinigten Leib bedeckt soll Symbol sein für die schützende Mutterliebe, die Ihn noch einmal ganz umhüllt.
14. Sation.
„Wenn das Weizenkorn nicht in Erde fällt und stirbt, bleibt es allein,
wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht.„
„Wir aber müssen uns rühmen im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus,
In Ihm ist für uns das Heil, das Leben und die Auferstehung. Durch ihn sind wir gerettet und erlöst."( Gal.6.l4)
Der werdende Kreuzweg
Aus täglich
über tausend Schlägen
wächst Stein um Stein
in Bild und Kraft
und Leid hinein.
Es wächst das Werk
und wird so schwer
aus Erde, Not und Tod geboren.
Im Stein kommt Jesu Leiden her
für alle, die in Schuld verloren.
Ist doch in diesen Steinen
ein sich Regen
ein aus der Mühe wundersames Rühren!
Sind wir es nicht,
die hier Gericht und Segen
auch Tod und Auferstehung spüren?
So wächst nun weiter
aus Gebet und Schlag
Geschautes über Nacht und Tag.. .
und Jesu Leiden wird Gestalt:
erlösend - für uns stellvertretend
in Not und Todgewalt –
Wir aber, Schreitende von Stein zu Stein
sind Angerührte tief in Jesu Tod hinein,
Und vor dem letzten Todesmal
sind wir Geführte über seinen Tod hinaus;
es will der Herr uns so bekunden:
"Ich habe für Dich überwunden und führe Dich ins Vaterhaus !“
Da geht der Wanderer nun still und angerührt
in Frieden jenen Lebensweg
den Stein und Bild ihm weist-
und dankt dem Schöpfergeist
der Schlag um Schlag
die Künstlerhand geführt.
am 8. August W. St.