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Die Eberhard Friedrich Walcker-Orgel von 1854

Während der Bauzeit der heutigen großen Pfarrkirche von 1850 bis 1852 lief das Ausschreibungsverfahren zum Neubau einer dem neuen Kirchenraum adäquaten Pfeifenorgel. 


Der Kirchenstiftungsrat entschied sich für Orgelbauer Eberhard Friedrich Walcker (1794-1872),  Ludwigsburg. Die Orgelbauanstalt Walcker gehörte zu den renommiertesten Orgelfirmen Deutschlands so baute EberhardFriedrich Walcker beispielsweise fast zeitgleich zur Orgel von Neuhausen die große Orgel für das Ulmer Münster  eine der größten Orgeln Deutschlands (im 2.Weltkrieg zerstört) sowie eine Orgel für den Dom  zu Zagreb. Ferner baute Walcker für die damalige Zeit revolutionär großeInstrumente in vielen Teilen Europas und sogar in Übersee. Heute gilt Eberhard Friedrich Walcker rückblickend als der bedeutendste Orgelbauer des 19. Jahrhunderts. 

 

Walcker-Orgel nach der Renovation 2005

 

 

 

1850       

In einem Brief vom 5.September 1850 an den Neuhausener  Kirchenstiftungsrat  legte Orgelbauer Walcker zwei verschiedene  Entwürfe von Orgelneubauten für die neuentstehende Pfarrkirche zu  Neuhausen vor. Eine kleinere Version mit 26 Registern auf zwei Manualen und Pedal, sowie eine größere Version mit 31 Registern. Bauart beider Versionen: Mechanische Kegellade, Koppeln I/Pedal;  II/ I ; Wind-versorgung durch 6 Zylinderbälge direkt hinter dem Orgelgehäuse; freistehender Spieltisch mit Blick zum Altar.  

Die Disposition der kleineren Version mit 26 Registern:

I. Manual (Hauptwerk)

II.Manual (Nebenwerk)

Prinzipal 8 '

Prinzipal 8 '

Viola da Gamba 8'

Salicional 8'

Flöte 8'

Gedeckt 8 '

Gedeckt 8 '

Dolce 8‘

Bourdon 16'

Fagott-Clarinett 8'

Oktave 4 '

Flute d 'amour 4'

Rohrflöte 4'

Spitzflöte 4'

Oktav 2 '

Flautino 2'

Quintflöte 5/3 '

Cornett 2 2/3 ' 3 fach

Mixtur 2 2/ 3 '

 

Posaune 8'

 

 

 

Pedal

 

Principalbaß 16'

 

Subbaß 16'

 

Violonbaß 16'

 

Posaunenbaß 16 '

 

Oktavbaß 8'

 

Violoncell 8

 

 

 

 

 

Die Disposition der größeren Version mit 31 Registern

 

I.Manual

II. Manual 

 

Prinzipal 8 '

Prinzipal 8 ' 

 

Prinzipal 16'

Bourdon 16 ' 

 

Viola da Gamba 8'

Dolce 8' 

 

Gedeckt 8'

Harmonica 8' 

 

Flöte 8'

Gedeckt 8' 

 

Trompete 8'

Fagott-Clarinett 8' 

 

Salicional 8 '

Rohrflöte 4' 

 

Oktave 4'

Flöte 4' 

 

Kleingedeckt 4'

Oktave 4' 

 

Traversflöte 4'

Oktave 2' 

 

Quintflöte 5/3'

Cornett 2 2/3' 3 fach 

 

Oktave 2' 

 

 

Mixtur 2 2/3 ' 5 fach 

 

 

Scharff 1' 3 fach 

 

 

 

 

 

Pedal

 

 

Prinzipal 16' 

 

 

Subbaß 16' 

 

 

Violonbaß 16' 

 

 

Posaunenbaß 16' 

 

 

Oktavbaß 8' 

 

 

Violoncell 8 ' 

 

 

Ferner wurden in den Dispositionsvorschlägen Walckers die genauen technischen Ausführungen von Mechanik, Windver-sorgung sowie die verschiedenartigen Verwen- dungen der Baumaterialien bei  den Pfeifen (Zinn, Blei, Holz) aufgeführt. Für die kleinere Orgelversion  mit 26 Registern veranschlagte Walcker 3.951 Gulden und für die  größere Version mit 31 Registern 4.715 Gulden.  


1851  
Am 26. März 1851 wurde durch den Kirchenstiftungsrat und Gemeinderat von Neuhausen der Auftrag an die Orgelbauanstalt Walcker in  Ludwigsburg erteilt, die größere Orgel mit 31 Registern für die Pfarr-kirche zu bauen. Allerdings ergaben sich im Verlauf der Bauzeit noch kleine Änderungen in der Disposition. Im I.Manual kam das Register Gemshorn 4'dazu, so dass die Orgel insgesamt 32 Register groß war. Anstatt  der ursprünglich geplanten Quintflöt 5/3 'wurde eine Quinte 2 2/3 ' gebaut. 

Die Mixtur wurde nur 3 fach statt 5 fach ausgeführt dafür wurden durch eine mechanische Vorrichtung beim Ziehen des Registers  Mixtur automatisch die Quinte 2 2/3 'sowie die Oktave 2 ' mitgeschaltet. Im II.Manual wurde anstelle des geplanten Registers Oktave 4'das   dezentere Register Fugara 4' gebaut. Wohl auf Anfrage des Kirchenstiftungsrates schickte Walcker am  31.12.1851 einen Brief nach Neuhausen, in dem er über den Stand  der Orgelfertigung berichtete. Bis dato Waren 8 Holzregister der neuen Orgel fertiggestellt.  

Im selben Schreiben lehnte es Walcker ab, die neue Orgel, wie von  Neuhausener Seite vorgeschlagen, bereits im August/ September 1852  in der Kirche aufzustellen, da der Kirchenneubau bis dahin noch nicht  ganz ausgetrocknet sein würde.  Schlechte Erfahrungen beim Orgeleinbau in Güglingen bekräf-tigten seine Auffassung. Vielmehr schlug Walcker den Einbau der Orgel für März 1853 vor. Für die Interimszeit ohne Orgel bot er ein transportables  Pfeifeninstrument mit 2 Registern an.  

  
1854  
Der Einbau der neuen Orgel ließ letztendlich bis zum Frühjahr 1854  auf sich warten. Ob die übermäßige Auftragslage Walckers oder die  Entscheidung, die Kirche noch besser austrocknen zu lassen, zu der Verzögerung geführt haben, kann nicht mehr konkret nachvollzogen  werden. Zu vermuten bleibt, dass wohl beide Faktoren eine Rolle gespielt haben. Eine Rechnung von Walcker vom 7.März 1854 an die  Gemeinde Neuhausen lässt den Schluss zu, dass die Orgel um diesen  Zeitpunkt herum eingeweiht worden ist. Die endgültigen Kosten  für den Orgelneubau betrugen 4.636 Gulden und 30 Kreuzer. Über  den Einweihungstag selbst oder über die Gestaltung des  Weihegottesdienstes liegen leider keine Dokumente mehr vor.  Abgenommen wurde der Orgelneubau von Musikdirektor Johann Georg Frech aus Esslingen, ebenfalls im März 1854.  


1859  
Nur wenige Jahre währte das "sorgenlose Glück" mit der neuen Orgel.  Im Jahre 1859 mehrten sich die Beschwerden über undichte Blasebälge  und Fehler im Regierwerk. In einem Schreiben vom 17.Mai 1859  nahm Walcker Bezug auf ein vorausgegangenes Beschwerdeschreiben  der Kirchengemeinde Neuhausen. Hierin wies Walcker die gesamte Verantwortung der aufgetretenen Defekte von sich und gab die Schuld  "äußeren Einflüssen (Witterung) und fehlerhaften Behandlung" 12.  Am 3.Juni 185 9 wandte sich Walcker in einem Brief an den  Orgelsachverständigen Musikdirektor Johann Georg Frech, der ja den Orgelneubau abgenommen hatte. Auch in diesem Schreiben lehnte  er die Verantwortung für die "bedauerliche Orgelangelegenheit  Neuhausen" ab und bat um Vermittlung. Ferner geht aus diesem  Schreiben hervor, dass sich Walcker bereits in einem Brief vom 21 .März 1859 bereit erklärt hatte, einen Teil der Reparaturkosten zu übernehmen.  Dieser Kompromiss war dem Neuhausener Kirchenstift-ungsrat wohl  zu wenig. 

 

Am 8.Juni 1859 wandte sich Musikdirektor Frech an den  Kirchenstiftungsrat Neuhausen. Frech hatte zuvor am 23.Mai 1859  die Orgel inspiziert um sich selbst ein Bild zu machen. In seinem  Schreiben schlug er dem Stiftungsrat vor, die Hin- und  Hertransportkosten der defekten Bälge und Teile (zur Orgelwerkstatt)  sowie die Reisekosten zu übernehmen, nachdem Walcker davon  Abstand genommen hatte, Materialkosten verrechnen zu wollen.

Zur  Begründung Walckers, die Defekte seien auf extreme Witterung und unsachgemäße Behandlung zurückzuführen, äußerte sich Frech  folgendermaßen: "...wovon das Gegenteil vollkommen befried-igend  nachzuweisen, dann doch keine so leichte Aufgabe sein dürfte."  

Am 26.August 1859 gipfelte der Streit in einem Schreiben des  Neuhausener Kirchenstiftungsrates an Eberhard Friedrich Walcker,  worin er nochmals mit Nachdruck aufgefordert wurde, innerhalb der  üblichen Garantie von 10 Jahren die gesamten Reparaturkosten zu  übernehmen. Inzwischen hatte Neuhausen einen zweiten Gutachter  eingeschaltet, der die zu erwartenden Kosten genau berechnet hatte . Als Alternative wurde Walcker vorgeschlagen, den Orgelpflegevertrag freizugeben und sozusagen eine andere Firma für die  Reparatur auszuzahlen. Walcker wurde am Ende des Schreibens aufgefordert, binnen 8 Tagen sich so oder so zu entscheiden, ansonsten  würde die Angelegenheit bis vor das Gericht gehen. Jener Brief stellt  das letzte vorhandenen Dokument des Streites von 1859 dar. Wie man sich letztlich geeinigt hat, lässt sich nur vermuten. Walcker behielt jedenfalls die Orgelpflege und übernahm demnach auch die Reparaturen  unter welchen Auflagen auch immer. 

 

Eingriffe in die Walcker-Orgel  
1900
 
Vierzig Jahre lang war es ruhig um das Instrument und neben den üblichen Stimmungen und vielleicht kleineren Reparaturen versah die  Orgel ihren Dienst in der Liturgie. Im Jahre 1900 erfolgte ein erster  größerer Eingriff durch die Orgelbaufirma Weigle, Echterdingen. Dokumentieıt wird dies durch eine Notiz an einem Windkanal in der Orgel, die ein Orgelbauer der Fa.C.G.Weigle der Nachwelt hinterlassen hat: "Es wurden die Gebläse eingesetzt im Mai des Jahres 1900.  Zu der Zeit warf es noch ganz nett Schnee vom 15./16. Mai, so dass  es ziemlich kalt war. Es wurde auch mit dem Gebläse einsetzen das ganze Werk gereinigt, Kopplung vom Pedal zum II.Manual und  Kombinationen eingesetzt. Diese Reperatur wurde von der Firma  C.G.Weigle in Echterdingen durch die Gehilfen H.Diez, Orgelbauer,  Th.Hickel, Orgelbauer, Th.Schäfer, Schreiner und die Lehrlinge  J.Weigle, H.Nissler ausgeführt. Neuhausen, den 17.Mai 1900 " Unterhalb dieser Notiz befindet sich ein durchaus erwähnenswertes  Kuriosum. Auf einem kleinen angeklebten Zettel steht:" Zahltag  16.Mai 1900 - des Morgens 7 (7.01) bis abends 6.45 (6.43) sind nur  10 1/4 Std., nicht 10 1/2 Std. Wart ich will euch!!! N.B." Anscheinend hatten die Orgelgesellen ihren Dienst später begonnen, und dafür  früher beendet.  

Im Jahr 1900 hat man sich also der anfälligen Zylinderblasbälge entledigt und diese durch einen großen Magazinbalg, der zunächst direkt hinter dem Orgelgehäuse seinen Platz fand, ersetzt. Als Spielhilfen  wurden eine Koppel II/Pedal sowie 6 feste Kombinationen, allessamt zu bedienen per Fußtritte am unteren Rand der inneren Spieltischfüllung.  

     
1903  
Ab Juli 1903 ging die Pflege der Orgel offiziell und mit Vertrag in  die Hände der Echterdinger Orgelbaufirma Friedrich Weigle über.  Dass der Pflegevertrag an diese Firma überging, lag sehr nahe: Der  Firmengründer Carl Gottlob Weigle war der Schwager von Eberhard  Friedrich Walcker und ging bei diesem als Orgelbauer in die Lehre. Die Firma Weigle stand somit also auf gewisse Weise in der Tradition des Walcker'schen Orgelbaus.  


1910  
Am 7.Januar 1910 erstellte die Firma Weigle für die hiesige  Kirchengemeinde einen Kostevoranschlag zur Installierung einer  elektrischen Windversorgung. Am 3.Februar folgte ein Kostenvoranschlag der "Süddeutsche Elektrizitätsgesellschaft M.B.H..“ Nach  Beschluss wurde zum ersten Mal die ganze Kirche elektrifiziert, das  heißt, eine Beleuchtungsanlage installiert und im selben Zug an der  Orgel ein Elektromotor zur Windversorgung angebracht, der erstmals  das Orgelspielen ohne die sonst notwendigen Balgtreter (Kalkanten)  zuließ.  

Dies stellte mit Sicherheit für die Organisten (und ehemaligen  Kalkanten natürlich auch) eine große Erleichterung um nicht zu sagen einen Fortschritt dar, da man jetzt Orgel spielen kom1te, wann immer man wollte ohne vorher Balgtreter organisieren zu müssen. Das Kapitel des jahrhundertealten "Berufs-standes" der Balgtreter war so  mit in Neuhausen und auch allgemein abgeschlossen.

 
1922  
Im Jahre 1922 kam es zum ersten Mal zu Änderungen in der Disposition  der Orgel. Im Protokoll des Kirchenstiftungsrates vom Juli 1922 geschrieben und unterzeichnet durch Pfarrer Max Weiger findet sich  ein Vorschlag der Finna Weigle, die Orgel einer Gesamtausreinigung zu unterziehen und folgende Änderungen vorzunehmen:“Die  Zinkpfeifen des Prospektes, bestehend aus Pfeifen der Register Viola  da Gamba, Salicional, Oktave 4'und Prinzipal l6' (alle I. Manual) sollen durch aluminierte Zinkpfeifen ersetzt werden. Anstelle der  Rohrflöte 4'im II. Manual soll eine (neue) Äoline eingebaut werden.  

  

2001  Beginn der Restaurierung
Im März 2001 legte die Orgelkommission gemeinsam mit dem  Vertreter des Landesdenkmalamtes offiziell die Rückführung  der Walcker-Orgel in den Originalzustand von 1854 fest, allerdings mit der Option einer reversiblen Barker-Spielhilfe, um der  Schwergängigkeit der Traktur, die auch nach der Restaurierung  bedingt durch die Grundkonzeption Walckers zu erwarten war,  entgegenzuwirken. Zu diesem Zeitpunkt wurde noch nicht über  die endgültige Gehäusefassung entschieden. Sicher war jedoch,  dass das Gehäuse der 1960er Jahre nicht mehr eingebaut wer-  den sollte. Die Orgelkommission verabschiedete den durch  Orgelsachverständigen KMD Rudi Schäfer formulierten Ausschreibungstext, der wenig später durch den Kirchen-gemeinderat ab- gesegnet wurde.  Durch verschiedene Orgelfahrten mussten sich die Verantwortlichen der Kirchengemeinde eine Meinung zur Auftragsvergabe bilden. Die Fahrten führten uns in den Jahren 2002-2004 nach  Schramberg, Winterthur, Annaberg-Buchholz, Bautzen, Bamberg sowie im kleineren Kreis nach Waldkirch, Göppingen, Ludwigsburg, Neresheim, Wien, in das westfälische Soest und nach Leipzig.

Die einzelnen Fahrten und die Eindrücke zu beschreiben  wäre schon eine eigene Schrift wert und können leider in diesem  Rahmen nur so kurz erwähnt werden.  Zeitgleich startete der Orgelförderkreis eine Fülle an Benefiz-Aktionen, und es bildete sich, auch dank einiger sehr großer  Spenden von Privatpersonen, innerhalb relativ kurzer Zeit ein zuversichtlich stimmendes finanzielles Grundpolster.  Die bürgerliche Gemeinde Neuhausen setzte mit einer Anschubfinanzierung von 100.000.- DM ein deutliches Zeichen zur überkirchlichen Bedeutung des Orgelprojektes. Die Presse der Region Stuttgart als auch der Südwestrundfunk trug durch regelmäßige Berichterstattung zum überregionalen Interesse am Neuhausener Orgelprojekt bei.

Der heutigen Zeit entsprechend wurde  durch den Vorsitzenden des Orgelförderkreises Dr. Eisele ein Internetauftritt erarbeitet, der den Zugriff auf umfassende und  stets aktuelle Informationen zu unserem Projekt selbst weltweit  ermöglichte.  Intensive Bemühungen um Zuschüsse bei der Diözese, der Landes-denkmalstiftung und vor allem beim Landesdenkmalamt sollten sich, wie sich später zeigte, lohnen.  Am 24. Juni 2002 beschloss der Kirchengemeinderat, die Orgelrestaurierung an Firma Hermann Eule, Bautzen/Sachsen, zu  vergeben. Die fast zweijährige Phase der fachlichen Meinungsbildung war abge-schlossen und das Projekt nahm langsam aber  sicher Konturen an. 

 
Der Abbau der Orgel 2004  
Am 31. Dezember 2003 erklang in einem festlichen Konzert  zum letzten Mal die Orgel in ihrem durch die 1960er Jahre geprägten Klang. Nach dem Konzert wurden unter dem Applaus der Gemeinde einige große Prospektpfeifen aus der Orgel ent-  fernt der symbolische Beginn des mehrwöchigen Abbaus der  Orgel.  Von Januar bis Februar 2004 wurde die Orgel durch Firma Eule und  ehrenamtliche Helfer der Bürgergarde Neuhausen abgebaut  und nach Bautzen in die Werkstätte gebracht. Nur durch einen  aufwendigen Mauerdurchbruch konnte der Magazinbalg aus der  Turmkammer geschafft werden. Zeitgleich wurde eine von Firma Eule zur Verfügung gestellte Interimsorgel mit 15 Registern im linken Seitenschiff der Kirche aufgestellt, um die lange Zeit ohne Hauptorgel dennoch kirchenmusikalisch sinnvoll überbrücken zu können. In den folgenden  Monaten liefen auf der Empore viele bauseitige Maßnahmen,  welche die Orgelrestaurierung mit sich brachte: Kirchenrück-  wand, Parkett und Brüstungsgeländer mussten saniert oder erneuert werden. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Arbeiten  konnte durch ehrenamtliche Helfer aus Kirchengemeinde und  Bürgergarde geleistet werden. 

Als Balgkammer für den alten  Balg und zwei neue Magazinbälge, als Orgelunterbau, aber auch gleich-zeitig als Aufstellungsort für den Chor musste durch Zimmerleute ein großes Podest entworfen und gebaut werden.  Gleichzeitig zu den bauseitigen Arbeiten vor Ort in Neuhausen waren die Orgelbauer in ihren verschiedenen Abteilungen  der Werkstätte in Bautzen tätig. Die diffizile Restaurierung der  Windladen mit ihren 1.566 Ventilen und die Anlängung der 1922  und 1960 auf moderne Stimmtonhöhe abgeschnittenen Pfeifen  stellten die Orgelbauer vor besondere Aufgaben.  Unvergesslich in diesem Zusammenhang sind mir die vielen  Eindrücke meines Werkstattbesuchs im Februar 2004, wo ich  gemeinsam mit Orgelbaumeister Helmut Werner die zerlegte  Orgel einsehen und analysieren konnte und er mir die Studien zur  ursprünglichen Tonhöhe vorführte.

   
2005   
Am 17. Januar 2005 kamen die Orgelbauer und ein großer LKW  bei eisiger Kälte mit dem neuen Orgelgehäuse, den Windladen,  der Mechanik, den Pedal- und Prospektpfeifen in Neuhausen an,  und der Wiederaufbau des Instrumentes konnte unter der Federführung von Michael Heinrich und Eberhard Kaßner beginnen. lm  Unterbau wurde die gemäß den Vorgaben des Landesdenkmalamtes zu- und abschaltbare Eule/Barker-Spielhilfe installiert die für eine leichtere Spielart der Mechanik sorgen soll. Nach  dem technischen Aufbau bis Mitte März folgte zunächst die Farbfassung des Gehäuses, die nach der Vorgabe des Landes-denkmalamtes zunächst nur einfarbig sein sollte, da die Verwendung  mehrerer Farben zu sehr historisierend wirke. 


2005   
Ab  Mitte April wurden die restlichen Pfeifen eingebaut und ab  Ende April konnte die Orgel durch Helmut Werner und André Gude intoniert werden. Die Wiedereinweihung 2005  nach vielen Jahren der Vorbereitung, nach Jahren intensiver  Bemühungen und der Zusammenarbeit vieler Menschen kann Opus 126 von Eberhard Friedrich Walcker wieder seiner Bestimmung übergeben werden. Ein ganz besonderer Moment für alle,  die sich für die Orgel engagiert haben. Ein besonderer Tag für die Kirchengemeinde und die Gemeinde Neuhausen, aber auch ein besonderer Tag für die deutsche und europäische Orgellandschaftet. 

 

Mit vereinten Kräften und durch die hohe Fachkompetenz der Orgelbauer aus Bautzen ist es gelungen, ein einmaliges  Kulturdenkmal für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Es ist gelungen, der Kirchengemeinde ihren kirchenmusikalischen  Dreh- und Angelpunkt für die vielseitige Liturgie und für Konzerte zurückzugeben.  Die restaurierte Orgel und die neu gestaltete Chorempore  bilden in Zukunft auch für die Kantorei St. Peter und Pau Neuhausen wieder beste Voraussetzungen für ihre kirchen-musikalischen Aufgaben. Mögen die Klänge der restaurierten Orgel über viele Jahre  Freude, Trost und Erbauung schenken und nie verstummen!

       

Textauszüge: Pfarrei und Kirche St. Peter und Paulus Neuhausen a.d.F.

(Gemeinschaft für Heimatforschung Neuhausen a.d.F. 1977),
      Jürgen Grohmann

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